Bevor eine beliebige Komponente für einen Jaguar geformt, gefräst, gegossen oder gepresst wird, durchläuft sie einen viele hundert Stunden andauernden Optimierungsprozess, bei dem hochmoderne Virtual-Engineering-Tools zum Einsatz kommen. Mithilfe fortschrittlicher numerischer Strömungsmechanik-Software und CAE-Software (Computer Aided Engineering) können hunderte von Szenarien auf sehr viel effizientere und präzisere Weise nachgestellt werden, als dies unter Praxisbedingungen jemals möglich wäre. So können wir deutlich zuverlässigere Lösungen erarbeiten und viele Monate an Entwicklungsaufwand einsparen.
Die neue Generation der Ingenium Motoren ist ein gutes Beispiel dafür: Im Laufe der fünf Jahre andauernden Entwicklung wurden die Motoren über eine Strecke von über zwei Millionen Kilometern getestet. Viele dieser Tests wurden dabei virtuell durchgeführt.
„Wir vergleichen die Designvalidierung immer mit einer Pyramide“, so Daniel Buckley, Ingenium Programme Manager. „Das Fundament besteht aus den Erkenntnissen, die im Rahmen bisheriger Projekte und aus anderen Quellen innerhalb der Organisation zusammengetragen wurden. Unsere Ingenieure können auf dieser Grundlage aufbauen, um die unterschiedlichsten Designoptionen zu entwickeln. Mithilfe der CAE-Software können diese Designlösungen anschließend in der virtuellen Welt getestet werden. So lassen sich die am besten geeigneten Lösungen sehr viel schneller und effizienter bestimmen. Die Validierungsprüfung an der Spitze der Pyramide kann somit erheblich schneller durchgeführt werden. Auch bei der Entwicklung der Ingenium Motoren haben wir diesen neuen Ansatz umgesetzt. Dabei haben wir in sehr viel höherem Maße auf CAE-Software, Prüfstände und Komponententests zurückgegriffen. So konnten wir sehr viel schneller auf ein optimiertes und zuverlässiges Produktionsdesign hinarbeiten, als dies bei vorherigen Projekten der Fall war.“
Mithilfe der CAE-Software lässt sich jedes Szenario simulieren, dem das Chassis und Fahrwerk im Laufe der Fahrzeuglebensdauer wahrscheinlich ausgesetzt sein wird. Dazu gehören virtuelle Crashtests sowie extreme Alltagsszenarien, wie zum Beispiel durch Objekte verursachte Schäden, der Aufprall auf Bordsteinkanten und das durch Schlaglöcher verursachte Abbremsen. Das aerodynamische Profil eines Fahrzeugs lässt sich in einem virtuellen CFD-Windkanal optimieren, um den Luftwiderstand zu minimieren und so einen besseren Kraftstoffverbrauch, geringere Emissionen, eine verbesserte Motor- und Bremskühlung sowie eine effizientere Innenraumbelüftung und Klimaregelung zu erreichen.
Dank virtueller Analysen können die Fahrzeuge bereits früh in der Design- und Entwicklungsphase umfangreich getestet und optimiert werden, ohne dass es zu Verzögerungen oder Ausgaben durch die Herstellung und Nachfertigung von physischen Bauteilen kommt. Außerdem lassen sich auf diese Weise die Umweltauswirkungen der Fahrzeugproduktion verringern. Bei der Produktion eines Jaguar können für gewöhnlich 1,2 Millionen Kilometer an Testfahrten und 290 Tonnen an CO2-Emissionen eingespart werden.
Das Virtual Engineering stellt ein leistungsstarkes Tool dar, aber es ist dennoch kein Ersatz für die Durchführung von physischen Tests in einer kontrollierten Laborumgebung. Nur durch diese Tests lässt sich ein ultimativer Nachweis der Zuverlässigkeit und der Langlebigkeit erbringen. Und genau aus diesem Grund haben wir die Größe unserer Testanlagen in den letzten Jahren verdoppelt und 22 Millionen Britische Pfund in den weiteren Ausbau unserer hochmodernen Labore investiert.
Neue Getriebedesigns werden einem 12 Wochen langen Dauertest auf dem Prüfstand unterzogen, bei dem ein Zeitraum von 10 Jahren sowie eine Strecke von 240.000 Kilometern simuliert werden. Dabei werden Fahrten durch Städte, über Schnellstraßen und auf Rennstrecken nachgestellt. Dies wird sechs Mal mit unterschiedlichen Motor- und Getriebevarianten wiederholt. Mit anderen Worten: Jedes neue Getriebe wird 72 Wochen lang und über eine Strecke von 1,45 Millionen Kilometern getestet. Das entspricht in etwa dem Weg zum Mond und zurück. Außerdem werden Schaltzyklen-Tests durchgeführt, bei denen die Kupplung einer Reihe von anspruchsvollen Schaltvorgängen bei hohen Geschwindigkeiten unterzogen wird. Hinzu kommen Ausdauer-Tests, bei denen das Getriebe über lange Zeiträume mit hohen Drehzahlen läuft.
Unsere Motoren durchlaufen eine ganz eigene Reihe umfassender statischer und dynamischer Tests. Die neue Generation der Ingenium Motoren wurde insgesamt 72.000 Stunden auf ihre Langlebigkeit getestet – dies entspricht acht Jahren an Praxistests. Abschließend wurden sie erneut über zwei Millionen Kilometer unter Praxisbedingungen auf der Straße getestet.
Jaguar F-PACE - Motorspezifikationen
Die kombinierte Straßen- und Umweltprüfung, die auch als Geräusch- und Rütteltest bezeichnet wird, dient dazu, Fahrzeuge auf Geräusche, Vibrationen und Stöße zu überprüfen. Mithilfe hochwertiger Ausrüstung werden die Geräusche im Innenraum aufgezeichnet, während das Fahrzeug auf vier leistungsstarken Kolben durchgerüttelt und heftig hin- und herbewegt wird. Die Simulationstests werden anschließend zunächst nur mit einem Fahrer und danach mit einem voll besetzten Innenraum und voller Beladung durchgeführt, um eine optimale Leistung unter allen Bedingungen sicherzustellen.
Einzelne Komponenten können in einer mit Robotern bestückten Prüfzelle getestet werden, um ihre Langlebigkeit zu überprüfen. Die insgesamt vier Roboter eignen sich, um das Straffen und Lösen der Gurte, das Öffnen und Schließen der Türen sowie die Schlüsselumdrehungen zu testen. Die vom Fahrzeug erzeugten Geräusche, Vibrationen und Stöße werden in unseren fortschrittlichen reflektionsarmen Kammern noch weiter verringert.
In unseren Klimakammern stellen wir die härtesten Witterungsbedingungen der Welt nach. Wir kühlen die Fahrzeuge auf -40 °C ab, setzen sie Orkanböen aus, erhitzen sie auf Temperaturen um die 50 °C oder setzen sie einer Sonneneinstrahlung von bis zu 1.200 W/m² aus, um die Umgebungsbedingungen in der Sahara nachzustellen. All das ist möglich, ohne dass die Fahrzeuge Großbritannien verlassen müssen. Die Wasserdichtigkeit wird durch Monsun-Tests, bis zu 16 Stunden lange Sprühtests sowie Frosttests nachgewiesen.
Die physischen Labortests erstrecken sich sogar auf die Innenausstattung, wie zum Beispiel den JaguarDrive Selector. Dieser wurde im Laufe seiner Entwicklung nahezu allen vorstellbaren Belastungen ausgesetzt. „Eine Cola-Flasche ist ein echter Härtetest, da sich der Zucker bei heißen Temperaturen in einen regelrechten Sirup verwandelt“, so Julian Jones, User Controls Manager. „Sand kann ebenfalls viel Schaden anrichten, wenn er in die Zahnräder des DriveSelector gerät.“ Jeder Test nimmt mindestens einen Monat in Anspruch. Der DriveSelector muss beispielsweise 60.000 Zyklen fehlerfrei durchlaufen.
Selbst wenn es ein fertiggestelltes Jaguar Design bis zur Produktionsreife gebracht hat, gehen die rigorosen Qualitätsprüfungen weiter.
In unserem Motorenwerk (Engine Manufacturing Centre, EMC) werden alle Bestandteile unserer Ingenium Motoren kontinuierlichen Tests unterzogen, die sich über den gesamten Produktions- und Konstruktionsprozess erstrecken. So wird sichergestellt, dass sich keine Fehler oder Mängel einschleichen. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, das EMC in Sachen Qualität zum weltweit besten Motorenwerk zu machen“, so Daniel Buckley, Ingenium Programme Manager. „Wenn wir beispielsweise ein Problem feststellen, wird der Motor nicht einfach nur in einem separaten Verfahren überarbeitet. Stattdessen wird er komplett aus der Produktion genommen, bis zu dem erforderlichen Stand zurückgebaut und anschließend an einer früheren Station wieder in die Produktionslinie aufgenommen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass ein Motor keines der umfangreichen Qualitätssicherungssysteme der Produktionslinie umgeht. Dies ermöglicht ein Höchstmaß an Qualität.“
Wichtige Komponenten werden mit einem einzigartigen QR-Barcode versehen, um ihr Produktionsdatum und den Produktionsort nachverfolgen zu können. Außerdem werden sie mit einem Laser vermessen, um die Genauigkeit auf bis zu drei Mikrometer sicherzustellen – das entspricht 0,003 mm, also 6 Prozent der Dicke eines menschlichen Haares. Zufällig ausgewählte Proben werden ebenfalls von Hand getestet – und zwar bei 20 °C in einer kontrollierten Laborumgebung, um die absolute Genauigkeit der sorgfältig kalibrierten Werkzeuge zu gewährleisten.
JLR Engine Manufacturing Centre, Wolverhampton
Bevor ein Motor das Motorenwerk verlässt, wird er auf speziell dafür entwickelten Prüfständen getestet. Zunächst erfolgt ein „kalter Test“, bei dem man die Komponenten 72 Sekunden lang rotieren lässt, ohne den Motor zu starten. Danach wird der Motor für einen „heißen Test“ eingeschaltet. Bei diesem Test durchläuft er einen 240-Sekunden-Zyklus bei Drehzahlen von bis zu 3.000 U/min.
Zu guter Letzt werden die Motoren stichprobenartig aus der Produktionslinie genommen und einem vollständigen dynamischen Test unterzogen, bei dem sie 300 Stunden oder 72.400 Kilometer lang mit einer Geschwindigkeit von 240 km/h laufen.
An unseren Fahrzeugproduktionslinien in Solihull und Castle Bromwich werden neu gepresste Aluminiumbleche unter einem Lichtkasten auf Mängel und Fehler überprüft. Während das Chassis zusammengebaut wird, führen hochmoderne Laser und Kameras eine 168-Punkte-Qualitätsprüfung durch, während die Blechfugen mithilfe tragbarer Messgeräte überprüft werden. „Einige Fahrzeughersteller zielen auf eine Toleranz von +/-3 mm ab, aber unser Ziel lautet +/-0,5 mm“, so Arthur Richards, Production Supervisor in Castle Bromwich. „Genau diese Einstellung verleiht einem Jaguar diesen Eindruck von hochwertiger Handwerkskunst.“
Am Ende des Montageprozesses wird das Chassis mit einem Klarlack behandelt und unter UV-Licht untersucht. Jeder noch so kleine Mangel wird dokumentiert und von Hand behoben.
Die Lackierung der Karosserie nimmt 24 Stunden in Anspruch. Zunächst durchläuft das Chassis eine Reihe von 13 Reinigungs-, Behandlungs- und Spülbädern. Darauf folgt ein fortschrittlicher elektronischer Lackierungsprozess, mit dem eine zuverlässige Haftung zwischen dem Aluminium und dem Lack sichergestellt wird. Anschließend wird das Chassis mit einem Emu-Federbesen gereinigt. „Emu-Federn lassen sich leicht mit statischer Elektrizität aufladen. Dadurch sind sie ideal für die Aufnahme von Staub geeignet“, so Nigel Williams, Paint Area Manager. „Und da die Federn eine große Oberfläche haben, können sie einen großen Bereich abdecken. Wir würden sie nicht verwenden, wenn sie sich nicht derart gut für diese Arbeit eignen würden, denn – um ehrlich zu sein – sind sie sehr teuer.“
Das Chassis wird anschließend mit drei Lackschichten besprüht – einer Grundierung, einem Basislack und einem abschließenden Klarlack, der die Beständigkeit gegenüber UV-Strahlen, korrosivem Baumharz und Vogelkot verbessert. Anschließend werden alle Schichten eine Stunde lang bei 170 °C ausgehärtet.
Bei den anschließenden Detailarbeiten wird genauestens darauf geachtet, dass die lackierte Karosserie nicht beschädigt wird, während das Chassis 92 Stationen durchläuft und dem Fahrzeug an die 1.000 Teile hinzugefügt werden. Die Außenbleche werden durch Abdeckungen geschützt und die Ausstattungsexperten tragen spezielle Kleidung und Stiefel mit Ösen und Knöpfen, die keine Schäden am Lack verursachen.
Am Ende der Produktionslinie durchläuft jedes Fahrzeug einige abschließende Überprüfungen. Alle Fahrzeuge werden beispielsweise in nur vier Minuten mit 6.000 Liter Wasser durchnässt, um sicherzustellen, dass die Dichtungen auch wirklich wasserdicht sind. Danach wird jedes Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand bei hohen Geschwindigkeiten in jedem Gang getestet. Im Anschluss daran erfolgt eine 20 Minuten lange elektronische Diagnoseprüfung.
Selbst bei der Auslieferung eines Jaguar an den Kunden gehen die Überprüfungen weiter. Alle während der Auslieferung verwendeten Transporter, Züge und Schiffe wurden mithilfe einer virtuellen CAD-Analyse überprüft, um die Beladung zu simulieren. Die Fahrzeuge durchlaufen derweil ein aus 90 Überprüfungen bestehendes Testverfahren, das während des Transports bis zu 30 Mal wiederholt werden kann.
„Jaguar steht seit jeher für Design und technische Exzellenz“, so Arthur Richards. „Wir müssen daher sicherstellen, dass das Endprodukt selbst den strengsten Designspezifikationen entspricht, und wir nehmen diese Aufgabe sehr ernst. Schließlich bauen wir Luxusfahrzeuge – deshalb sind wir stets bestrebt, die Anforderungen unserer Kunden in Sachen Qualität und Zuverlässigkeit zu übertreffen.“
WEITERE GESCHICHTEN
ALUMINIUM-LEICHTBAU-KONSTRUKTION
Erschienen am: 18-08-2016
In Sachen Fahrzeugdesign und -herstellung spielt unsere zuverlässige und sichere Aluminium-Leichtbau-Konstruktion seit mittlerweile über 70 Jahren eine buchstäblich tragende Rolle. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensphilosophie von Jaguar.